Tischrede von Maya Graf, Nationalrätin BL, am Bärenmähli 2005
Es ist mir eine Ehre, heute als Gast bei Ihnen am Bärenmähli dabei sein zu dürfen. Und es ist mir eine Ehre, als Baselbieterin die Region heute Abend hier vertreten zu dürfen. Mein Kanton ist Ihnen nahe, so nahe, dass Sie es meistens nicht merken, wenn Sie die Kantonsgrenzen überschreiten. Und das tun viele von uns täglich oder sogar mehrmals am Tag. Es wird immer wichtiger werden, dass wir uns als Region verstehen und als Region denken und handeln lernen.
Dazu gehört, dass wir uns zuerst einmal selbst achten, die andern gut kennen, respektieren und vertrauen lernen, Verantwortung übernehmen – und – gemeinsam aufbrechen und Neues schaffen. Dies ist ein wichtiger Prozess für die Region Basel. Braucht es nicht auch dieselben Fähigkeiten von beiden Seiten bei der gelebten Multikulturalität? Doch es geht ums gleiche, überall, nicht nur bei der Integration von Migranten und Migrantinnen. Eine Gesellschaft ist gerecht und zukunftsfähig, wenn sie es schafft, alle mit einzubeziehen, auf die Stärken aller zu zählen.
Und nicht, wenn sie noch und noch Defizite von Minderheiten aufzeigt, die Wirtschaftskraft den Starken allein überlässt und die so schwach gemachten, ausgrenzt. Liebe Migrantinnen, liebe Migranten, das spüren leider häufig Sie am meisten, aber es geht weiter. Und das macht mir politisch am meisten Sorgen. Denn ist Ihnen aufgefallen, dass wir bei immer mehr Bevölkerungsgruppen plötzlich von Integration sprechen? Und muss nicht integriert werden, wer zuerst ausgegrenzt wird?
„Es müssten auch alte Menschen, behinderte Menschen, Kranke, Arbeitslose, Invalidenbezüger, gar Familien und Jugendlichen besser integriert werden“, heisst es auf dem politischen Parkett. Ich frage Sie: Wer bleibt denn da vom „Volk“ eigentlich noch übrig? Es ist ein verheerendes Ausgrenzungsspiel im Gang, das gerade von der grössten „Volkspartei“ der Schweiz bewusst geschürt und für ihre politischen Zwecke gebraucht wird.
Dagegen müssen wir uns wehren, wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, Ausländer nicht gegen Schweizer, Sozialhilfe- nicht gegen IV-Bezüger, Gesunde nicht gegen Kranke, Alte nicht gegen Junge. Wir sind eine Gesellschaft, wir haben wohl verschiedene Bedürfnisse, und nicht alle Probleme sind einfach zu lösen. Aber wir haben keine andere Chance, als sie gemeinsam zu packen! Und da kommt der Bär daher … Mitten aus Kleinbasel, und macht’s uns vor! Ich bin tief beeindruckt von der Bärengesellschaft. Sie schafft es, Tradition und neu gelebte Werte, Einheimische und Zugezogene, Alte und Junge zu verbinden und diese gemeinsame Kraft und der Mut in dem Symbol auszudrücken, das geeigneter nicht sein kann: in der leibhaftigen Gestalt einer Bärin!