Tischrede von Wolfgang Bortlik, Schriftsteller im Kleinbasel, am Bärenmähli 2005
Auch ich bin kein Basler, kein Schweizer, nein
Auch ich nur ein fremder Fötzel am Rhein
Aus einem eher nördlichen Nachbarland
Vielleicht bin ich krimineller Asylant
Ich fahr mit dem Velo auf dem Trottoir
Und stelle den Abfallsack, o Graus
Am Vorabend schon auf die Strasse raus
Verzeiht mir, wenn ich einfach so sage:
Im Kleinbasel bin ich wegen der Lage
Es ist dort so wenig Schweiz drum rum
Das gibt das besondere Fluidum
Ein weiterer Grund auch, hier zu sein
Wir lassen die Schweizer nicht mit sich allein
Sie könnten sich was antun, stürben womöglich aus
Und leer wäre dann das schöne Schweizerhaus
Ich wohne hier, um drei Kinder zu erziehen
Ich wohne im Kleinbasel, nicht in Riehen
Ganz absichtlich leben wir in der Tat
Hier in der Welt und nicht im Reservat
Belächeln den Auftrags-Integrant
Den Gutmenschen, ach so sozial relevant
Für den ist Integration doch glatt
Dass er eine bosnische Putzfrau hat
Also positiv wohlgesinnter Kebab-Tourist
Er abends auch mal beim Afrikaner isst.
Ich muss mich mehr über dies erregen:
Wenn unsere Tochter mit ihren Kollegen
Die wunderschöne Namen wie – sagen
Wir mal – Tansu, Safiye, Blenda tragen
Wenn die also Fussball spielen wolln
Wohin sie dann gehen solln?
Wo können die Kinder der Welt, agil
Sich treffen zum integrierenden Spiel?
Ein Platz, der so grün ist wie Rot-Grün
Wo man sich nicht weh tut, fällt man mal hin
Ich frage dich, wo, o Regierung
Und höre ein Wort nur. Aufwertung
Ein Gespenst geht hier um:
Wir warten im Kreis herum
Im Schwarzbelag und darum
He, Achtung da! Aufwertung!
Nun hätte es durchaus seinen Reiz
Politisch bestimmen in der Schweiz
Doch deshalb den roten Pass erwerben
Um zu wählen und gewählt zu werden
Und Wahlgeschenke zu verteilen, wie das halt so ist
Da singt aus mir der alte Anarchist:
Nur die allergrössten Kälber
Wählen ihre Metzger selber!
Wolfgang Bortlik, Schriftsteller im Kleinbasel, in seiner Tischrede am Bärenmähli 2005