Tischrede von Christoph Eymann, damals Nationalrat, am Bärenmähli 2000
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren: Mit der Gründung der Gesellschaft zum Bären haben Sie dafür gesorgt, dass künftige Generationen im Zusammenhang mit dem Bärentag im Kleinbasel von Tradition sprechen können. Tradition verbindet Gegenwart mit der Vergangenheit; und wenn Tradition nicht Selbstzweck ist, sondern Mittel zum Zweck, hilft Tradition auch mit, die Zukunft zu gestalten.
Ich bin überzeugt, dass die Gesellschaft zum Bären einen wesentlichen Beitrag leisten wird, das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen im Kleinbasel zu fördern. Der eigentliche Zweck der Gesellschaft zum Bären ist Solidarität, Stärkung der Solidarität im Sinne von Zusammengehörigkeitsgefühl und des füreinander Einstehens. Wenn Menschen füreinander einstehen, dann grenzen sie nicht aus. Wenn Menschen füreinander einstehen, sind sie gemeinsam stark. Wenn Menschen füreinander einstehen, kann das Gerechtigkeit bewirken.
Es ist wichtig, in unserer Zeit die Solidarität nicht nur zu betonen, sondern auch zu leben. Individualismus und die Mentalität „Wenn’s schon nicht für alle reicht, dann wenigstens für mich“ prägen die letzten Jahre. Die Globalisierung fordert ihre lokalen Opfer. Die Gefahr, dass Schwächere auf der Strecke bleiben, ausgegrenzt werden, verarmen und nicht in unsere Gesellschaft integriert sind, ist deutlich erkennbar. Mit Blick darauf ist es ausserordentlich wichtig, dass auch engegengesetzte Akzente gesetzt werden. Die Gesellschaft zum Bären ist ein Element, die Solidarität in unserem Land zu verstärken – fokussiert auf einen wichtigen und fantastischen Stadtteil von Basel. Wenn heute hier über 400 Menschen zusammenkommen und ihre Freude am Bären und seiner Botschaft bekunden, so ist dies ein Beweis dafür, dass es eine Antwort gibt auf Gleichgültigkeit und egozentrische Lebenseinstellung.
Nicht nur die Gesellschaft zum Bären verkörpert Solidarität. Auch das Projekt der Regierung, mehr Menschen zum Wohnen in Basel, Kleinbasel, Riehen und Bettingen einzuladen, hat zum Ziel, neue Solidaritäten zu schaffen. Solidarität zwischen Menschen, die fähig und gewillt sind, mit ihren Steuern, mit ihren Investitionen und mit ihrem Konsum Solidarität mit anderen zu zeigen. Menschen, die gewillt sind, die Lasten eines Stadtkantons mitzutragen und damit Mittel zur Verfügung zu stellen, die Solidarität mit wirtschaftlich schwächeren Mitgliedern unserer Gesellschaft zu verstärken. Diese mutige Haltung der Regierung und die Entschlossenheit der Regierungsräte Schild, Vischer und Frau Regierungsrätin Barbara Schneider verdienen Anerkennung und Dank.
Es gibt auch die Solidarität des nur vermeintlich Schwächeren mit demjenigen, der glaubt, er sei stärker: Die Solidarität nämlich von Kleinbasel mit Grossbasel. Würden wir Kleinbaslerinnen und Kleinbasler, welche mit Roche und Novartis zwei steuerkräftige Nachbarn haben (welche unserem Staatswesen willkommene Abgaben entrichten), nicht solidarisch mit Grossbasel diese Steuereinnahmen teilen, indem wir zum Beispiel die „freie Bärenrepublik Kleinbasel“ ausrufen würden, dann wäre bei den Grossbaslern kaum mehr die Rede vom „minderen Basel“ …
Das Wort „Solidarität“ hat den gleichen Stamm wie „solid“. Solid im Sinne von anständig, gefestigt ist eine der Eigeschaften, welche unser Land prägen. Ich wünsche der Gesellschaft zum Bären die Solidarität, weiterhin innerhalb und ausserhalb von Kleinbasel für Solidarität einzustehen. Wenn Sie das schwierig finden, dann halten wir es doch mit Seneca, der vor fast 2000 Jahren gesagt hat: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“ Ich danke Ihnen.